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Vorlage der Vorschriften über die Einheitsbewertung an das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens seit dem Feststellungszeitpunkt 1.1.2009 wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verfassungswidrig sind.

Der Käufer einer Teileigentumseinheit (Ladenlokal) im ehemaligen Westteil von Berlin meinte, dass der gegenüber dem Voreigentümer festgestellte Einheitswert für das Teileigentum ihm gegenüber nicht bindend sei, weil die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens wegen des lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts 1.1.1964 verfassungswidrig seien. Die Einheitswertfeststellung müsse daher zum 1.1.2009 ersatzlos aufgehoben werden.

Einheitswerte werden für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für Betriebsgrundstücke und für andere Grundstücke festgestellt. Sie sind neben den Steuermesszahlen und den von den Gemeinden festgelegten Hebesätzen Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer. Maßgebend für die Feststellung der Einheitswerte sind in den alten Bundesländern und West-Berlin die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964.

Der BFH ist der Ansicht, dass die Maßgeblichkeit dieser veralteten Wertverhältnisse (spätestens) seit dem Feststellungszeitpunkt 1.1.2009 wegen des 45 Jahre zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts nicht mehr den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung des Steuerrechts entspricht. Durch den Verzicht auf weitere Hauptfeststellungen ergeben sich Wertverzerrungen bei den Einheitswerten. Die seit 1964 eingetretene rasante städtebauliche Entwicklung gerade im großstädtischen Bereich, die Fortentwicklung des Bauwesens nach Bauart, Bauweise, Konstruktion und Objektgröße sowie andere tief greifende Veränderungen am Immobilienmarkt fänden keinen angemessenen Niederschlag im Einheitswert.

Der BFH will damit aber nicht ausdrücken, die Grundsteuer sei insgesamt zu niedrig und müsse angehoben werden. Ihm geht es darum, die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten innerhalb der jeweiligen Gemeinde im Verhältnis zueinander realitätsgerecht zu bewerten. Nur dann sei die Belastung mit Grundsteuer sachgerecht ausgestaltet und mit dem Gleichheitssatz vereinbar.

Es obliegt nunmehr dem BVerfG, über die Vorlagefrage zu entscheiden. Der Vorlagebeschluss steht als solcher dem Erlass von Einheitswertbescheiden, Grundsteuermessbescheiden und Grundsteuerbescheiden sowie der Beitreibung von Grundsteuer nicht entgegen. Die entsprechenden Bescheide werden jedoch für vorläufig zu erklären sein.

Die Vorlage betrifft nicht die Bewertung des Grundvermögens im Beitrittsgebiet, für die die Wertverhältnisse am Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1935 maßgebend sind. Die Gründe, die den BFH zu der Vorlage veranlasst haben, gelten aber aufgrund dieses noch länger zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkts erst recht im Beitrittsgebiet.
 

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