nicht Kategorisiert: Januar 2021

Corona-Hilfen: Stellungnahme von Herrn Präsident Professor Dr. Schramm

Corona-Hilfen: Stellungnahme von Herrn Präsident Professor Dr. Schramm

 
Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen,
 
mich erreichen zunehmend Anrufe, Mails und Zuschriften, in denen sich die Kollegenschaft über diverse Problemkomplexe bei den Corona-Hilfen beschwert und Abhilfe fordert.
 
Wir sind von der Steuerberaterkammer Stuttgart aus mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg und von der Bundessteuerberaterkammer aus mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im intensiven Austausch. Ich kann den zunehmenden Unmut in der Kollegenschaft verstehen und kenne auch aus eigener Praxis die teilweise beschwerlichen Vorgänge.
 
Als der Berufsstand im Frühsommer 2020 die Anfrage bekam, ob Steuerberaterinnen und Steuerberater als Compliance-Instanz im Antragsprozess der Corona-Hilfen mitwirken würden, wurde dies sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene als Vertrauensbeweis gegenüber dem Berufsstand verstanden. Damals ging es um die Überbrückungshilfe I. Dem Berufsstand war schon bewusst, dass es möglicherweise bei einer zweiten Welle mit dem Hilfsprogramm weitergehen würde. Aber was nicht absehbar war, ist die Tatsache, dass der Verordnungsgeber für jedes neue Hilfsprogramm neue Kriterien für die Förderung aufstellen wird. Nun gibt es mit der Novemberhilfe, der Novemberhilfe plus, der Dezemberhilfe, der Überbrückungshilfe II, der Neustarthilfe für Soloselbstständige und der Überbrückungshilfe III ein ganzes Bündel von Hilfsprogrammen. Dabei wandelt sich auch die Rolle der Kollegenschaft. Aus der ursprünglichen Compliance-Rolle wird nunmehr eine umfassende Berater-Rolle. Es gilt, für den Mandanten das beste Programm zu finden. Das ist bei sich überschneidenden Zeiträumen und unterschiedlichen Förderrahmenbedingungen nicht trivial, sondern sehr beratungsintensiv. Und keiner von der Kollegenschaft möchte dabei einen Fehler machen, sondern seinem Mandanten das bestmögliche Ergebnis zukommen lassen. Dieser Wandel von der Compliance-Instanz zur vollumfänglichen Berater-Rolle ist der Anlass, dass der Berufsstand auf Bundesebene darauf drängt, dass bei der Schlussabrechnung, die im Laufe des Frühjahrs 2021 möglich sein wird, alle Programme miteinander verrechenbar sein sollen und dabei die bestmögliche Förderung erreicht werden kann. Aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie kamen hierzu bereits positive Signale, denn auch dort hat man verstanden, dass der Kollegenschaft mittlerweile deutlich mehr, als ursprünglich gedacht, abverlangt wird.
 
Gleiches gilt auch für das „Durcheinander“ bei den Beihilfegrundlagen. Grundsätzlich gibt es in der EU ein Verbot von staatlichen Beihilfen nach Artikel 107 und 108 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Nationale Staaten dürfen bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige nicht in eigener Regie mit Beihilfen begünstigen. Ausnahmen gibt es über die De-minimis-Beihilfen nach den Verordnungen 1407/2013 und 1408/2013 der EU-Kommission, die vorsehen, dass ein Mitgliedsstaat ohne Genehmigung der EU-Kommission pro Unternehmen 200.000 Euro Beihilfen innerhalb von drei lokalen Steuerjahren gewähren darf. Die EU-Kommission hat mit der Mitteilung 2020/C 91 I/01 vom 20. März 2020 einen befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des Ausbruchs von COVID-19 in Höhe von 800.000 Euro je Unternehmen beschlossen. Diese beiden Maßnahmen ermöglichten es Deutschland im Frühjahr 2020 die Soforthilfe, die Schnellkredite und auch die Überbrückungshilfe I nach eigenen Kriterien bis zu dieser Höhe auszuloben.
 
Mit der Überbrückungshilfe II musste Deutschland einen Antrag auf Bewilligung eines Beihilferahmens bei der EU-Kommission stellen. Diese genehmigte am 20. November 2020 einen Rahmen bis 3 Millionen Euro Fixkostenzuschuss pro Unternehmen, befristet bis zum 30. Juni 2021 und bezogen auf die ungedeckten Fixkosten. Am 21. Januar 2021 genehmigte die EU-Kommission einen erweiterten Rahmen bis 4 Millionen Euro pro Unternehmen. Diese Hintergründe, für die Fachabteilungen im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Tagesgeschäft, wurden zunächst leider nicht vermittelt. Daher hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier - entsprechend gebrieft - nicht die Unwahrheit gesagt, als er in einem Interview im ZDF heute journal am 19. Januar 2021 sagte, dass es doch klar gewesen sei, dass nur ungedeckte Fixkosten gefördert werden können. Wahr ist aber auch, dass diese Zusammenhänge weder uns, den Steuerberaterinnen und Steuerberatern, noch gegenüber der Wirtschaft, so nie umfassend kommuniziert wurden. Am 4. Dezember 2020 tauchte plötzlich der Unterpunkt 4.16 im FAQ-Katalog des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu den Corona-Hilfen auf und brachte viel Ungemach in die Kollegenschaft. Deshalb setzt sich der Berufsstand auf Bundesebene auch dafür ein, dass keine Nachteile entstehen, wenn erst bei der Schlussrechnung eine entsprechende Richtigstellung vorgenommen wird.
 
Die FAQs zu den Förderprogrammen wurden im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erarbeitet und werden derzeit einmal wöchentlich überarbeitet und auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie veröffentlicht. Sie sind zudem sowohl auf der Homepage der Bundessteuerberaterkammer als auch auf der Homepage der Steuerberaterkammer Stuttgart auf den „öffentlichen“ Seiten abrufbar. Die FAQs können nicht alle Einzelfälle lösen, sondern nur bestimmte Fallkonstellationen ansprechen. Aufgrund vieler Fragen im Rahmen eines Expertentalks wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Bundessteuerberaterkammer einen erweiterten Antwortkatalog zur Verfügung stellen, der dann sofort auf der Homepage der Steuerberaterkammer Stuttgart abgerufen werden kann. Zudem hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine eigene Hotline nur für prüfende Dritte (Steuerberater/Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte) eingerichtet, die Fragen zur Antragstellung haben (Telefon: 030 5268-5087).
 
Schließlich kann ich Sie nur ermuntern, auch das Fortbildungsangebot der Steuerberaterkammer Stuttgart in Anspruch zu nehmen. Unser Vorstandsmitglied, Herr StB Dipl.-Fw. (FH) Sascha Matussek, der selbst viele Anträge bearbeitet und sich auf diesem Gebiet eine außerordentliche Kompetenz erworben hat, bietet ab 2. Februar 2021 im Rahmen mehrerer Fortbildungsveranstaltungen ein Up-date zu den Corona-Hilfen an. Gerne können Sie sich über das Fortbildungs-Portal zu diesen Veranstaltungen anmelden.
 
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wenn nicht wir, wer sonst soll den Mandanten durch den Förderdschungel helfen? Wir von der Steuerberaterkammer Stuttgart und der Bundessteuerberaterkammer haben Sie und all die Schwierigkeiten im Blick und intervenieren an vielen Stellen im Land und im Bund, um Abhilfe bei den größten Problemen zu schaffen und Ihre fachliche und persönliche Integrität zu bewahren. Seien Sie versichert, dass wir dank Ihrer Rückmeldungen und aus eigener Praxis die Probleme kennen und benennen.
 
Ich bedanke mich ganz persönlich bei Ihnen allen für Ihren herausragenden Einsatz für unsere Mandanten, denn sie vertrauen uns. Jede und jeder von uns kommt derzeit mit all den Beschränkungen an die Belastungsgrenzen, das spüre ich auch selbst. Zuversicht und das Vertrauen, das wir derzeit in der Mandantschaft und in der Politik genießen, sollten uns helfen, dass wir zusammen mit den Mandanten diese Zeit überstehen werden. Halten Sie durch, wir meistern es gemeinsam.
 
Mit besten und kollegialen Grüßen
 
StB Prof. Dr. Uwe Schramm
Präsident

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